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Das Fazit
         Ich denke, Yumendo hat Spuren hinterlassen.

Yumendo kann man in zwei Teilen betrachten.
Der eine Teil ist der, der uns als Mittelpunkt hat: Was haben wir gelernt? Was werden wir daraus machen? Wie sind wir? Was bedeutet Yumendo für uns? Es ist unser Weg mit und durch Yumendo.

Der Andere Teil ist das Projekt Yumendo. Was hat Yumendo mit Schule zu tun? Was hat Yumendo bewirkt? Macht ein Projekt wie Yumendo auch für andere Menschen Sinn?
Um diese und ähnliche Fragen soll es hier gehen. Die Persönlichen Fragen und Wege werden an anderer Stelle oder im Gespräch erzählt.
Hier soll ein Fazit aus dem Projekt Yumendo gezogen werden.

In erster Linie ist Yumendo ganz anders geworden, als wir und viele andere erwartet haben. Daraus kann man schließen, Yumendo wäre gescheitert. Wenn man auf unser vorletztes Konzept schaut, dem Konzept, welches am weitesten verbreitet war, kann man das unter bestimmten Sichtweisen durchaus sagen.
Es gab keine sechs Stunden Unterricht am Tag, keine ausführlichen Portfolios und ach, auch keine theoretische und praktische Beschäftigung mit den Themen, die wir auflisteten. Zumindest nicht auf die Art und Weise wie wir dachten.

Was wir da in den späten Monaten des Jahres 2005 zu Papier brachten, war, böse gesagt, das naive Idealbild eines engagierten Schülers oder Oberstufenlehrers von einem Unterrichtstag: motivierte, schnelle und leistungsbereite Schüler, idealen Bedingungen und spannende Themen. So wie man sich Schule für sich und alle anderen wünscht, wenn man in der Schule ist und noch nicht völlig desinteressiert ist.
Doch als wir aus der Schule raus waren, veränderte sich das.

Es ging nicht mehr in erster Linie darum, Themen spannend und gut zu präsentiert, damit man motiviert ist (was auch nicht wikrlich reichte).
Es ging vor allem darum, die (Lebens-) Themen zu finden. Und das mit allen Konsequenzen.

Wenn man als Junger Mensch spürt und langsam begreift, dass das Ziel noch nicht da ist, oder so diffus ist, dass man die Richtung nicht sieht, wird man sich nicht ein Jahr lang der Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen widmen, sondern der Suche nach einem Ziel. Unser Ziel war mit dem Beginn Yumendos erreicht. Wir hatten das realisiert, was wir so lange vorbereitet hatten und wofür wir gearbeitet hatten: ein Jahr Freiraum zum Leben und Lernen. Das wurde uns einige Wochen vor Beginn klar.
Der Schritt, dies zu begreifen war einer der wesentlichsten der Vorbereitung.

Die Konsequenz daraus war, jegliche Strukturen zu verwerfen. Es mussten die Schwerpunkte völlig neu definiert werden, vom Lernen und dem "Wie des Lernens" hin zur Lebensorientierung, dem herausfinden, was man will.

„Warum stehst du Morgens auf?“
Vor Yumendo war das klar gewesen: für Yumendo steh ich auf. Nun war auf einmal gar nichts mehr klar. Mit dem Ende der Schule war auch die Notwendigkeit hinfort, die Schule zu verändern, die Frage war nun eher: Macht Schule überhaupt Sinn? Kann man Schule überhaupt verändern? Und vor allem: Will ich die Schule verändern?

Ein Faktor, der in der Vorbereitung nicht nötig war, kam dazu: Selbstmotivation. „Jeder Mensch hat einen Tiefen, inneren Impuls zu lernen“, ich denke dass ist absolut richtig, doch ohne ein Ziel, ist Bewegung sehr schwer.

So begann Yumendo nicht mit Bogenschießen und Plastizieren morgens, dem Thema „Direkte Demokratie im 20. Jahrhundert“ und Mediation nachmittags und der Sozialen Dreigliederung und den „Kernpunkten der Sozialen Frage“ abends.
Sondern mit einem ausgedehnten Spaziergang und langen Gesprächen darüber, was Yumendo ist und was wir vorhaben.

Ich denke man kann sagen, dass das Schulprojekt Yumendo gescheitert ist, bzw. hat es eigentliche nie stattgefunden.
Bevor es anfing, wurde es zum Freiraumprojekt Yumendo.
Dass das etwas mit Schule zu tun hat, ist offensichtlich.

Ich bin der Überzeugung, ein finanziertes Jahr Freiraum nach der 12. Klasse könnten eine echte alternative zum Abitur sein. Ein Jahr zum leben und leben lernen, zum reisen, schauen, sich selbst kennen lernen, finden, denken, reden, arbeiten…
Ein Jahr, das kein vorher festgelegtes Ziel oder eine Form hat. Was passiert, hängt einzig und allein von dem einzelnen Menschen ab. Das dafür das Abitur seine Autorität verlieren muss, ist klar, wenn es eine ernsthafte Alternative sein soll.

Es ist wichtig, dass der Mensch weiß wer er ist und was er will.
Wie soll er das anders herausfinden, als durch sich selbst?
Nach der Vorbereitung durch die Schule darf es nicht einfach mit dem Leben losgehen. Das kultivieren eines bewussten Abschlusses der Schule und des Übergehens in die Welt, des Findens der eigenen Richtung und des sich selbst bewusst Werdens, ist an der Zeit. 
In dieser Zeit nicht allein zu gehen, ist genauso wichtig, es entsteht zu viel in Gemeinschaft mit anderen Menschen, als dass es sich lohnen würde alleine zu sein. Das wichtigste dabei ist das Gespräch, denn was ist erquicklicher als Licht?  *

Dieser Weg ist nicht für alle der einzig Richtige, jeder Mensch ist verschieden, doch lässt dieser Weg alle Möglichkeiten offen. Abgesehen davon wird hoffentlich jeder Mensch an den Punkt kommen, sich zu fragen, was er machen will.

Das Projekt Yumendo hat viele Spuren hinterlassen -
Widersprüche gezeigt und erzeugt.
Es hat uns sechs, und da bin ich mir sicher, weitergebracht.
Es hat eine Möglichkeit aufgezeigt seine eigenen Wege zu gehen.
Es hat Menschen in Bewegung gebracht.
Es hat Gedanken angestoßen.
Es hat Räume geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären.
Als ein Ziel bei einigen von uns ist daraus hervorgegangen, einen Ort zu schaffen, an dem Freiraum, Beschäftigung mit verschiedenen Themen, leben und stillstand möglich sein soll.
Es hat einen Anfang gegeben.

Wir haben Yumendo gemacht.



*
Was ist herrlicher als Gold? fragte der König. - Das Licht, antwortete die Schlange. -
Was ist erquicklicher als Licht? fragte jener. - Das Gespräch, antwortete diese.

Aus „Das Märchen“, J. W. von Goethe